Chorgesang in Düsseldorf und Umgebung


CHORGESANG VON 1933 BIS 1945

Der Deutsche Sängerbund und seine Chöre werden gleichgeschaltet.


Weitgehend unbeeindruckt von den Freiheiten und der kulturellen Vielfalt der „Goldenen Zwanziger“ geraten die bürgerlichen Gesangvereine Anfang der 1930er-Jahre in den Strudel des Nationalsozialismus. Viele Sänger empfinden Deutschland von den Siegermächten des Ersten Weltkriegs als gedemütigt und stimmen in ihren Liedern nationalistische Töne an. Auf die Machtübernahme durch die Nazis am 30. Januar 1933 folgt die Gleichschaltung des Deutschen Sängerbundes und die Umorganisation der Chorstrukturen nach dem Führerprinzip.


1935 wird der hiesige Sängerbund umbenannt in „Kreis I Düsseldorf, Sängergau IX b, Rheinland-Nord e.V. im DSB“. In der Rückschau schreibt der Chronist Hans Weber, die Sängerschaft habe sich „mit der zwangsweisen Umstellung äußerlich abgefunden. Innerlich aber blieben sie, was sie immer waren: unpolitische Kämpfer für unser schönes deutsches Liedgut“. Die Vereins- und Konzerttätigkeit wird auch nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 so gut es geht fortgesetzt.


Bild: Festheft-Cover 4. Wertungssingen 1938

41 Männerchöre mit über 1.200 Sängern beteiligen sich am 4. Dezember 1938 am vierten lokalen Wertungssingen, das unter der Naziherrschaft im Kaisersaal der Städtischen Tonhalle stattfindet.

Bild: Benrather Männerchor 1856 in den 1930er-Jahren

Der Benrather Männerchor 1856 e. V. bei einem Konzert mit Hakenkreuz-Fahnen in den 1930er-Jahren.
Foto aus dem Nachlass eines Benrather Sängers



Bild: Toni Wilbert
Toni Wilbert (um 1930). Foto aus der Schrift „Es werde“, 1931

Am 12. Juni 1943 legt die britische Luftwaffe weite Teile von Düsseldorf in Schutt und Asche. Die Bomben zerstören auch das Gasthaus „St. Rochus“ des damaligen Verbandsvorsitzenden Toni Wilbert an der Düsselthaler Straße. In seiner Wohnung verbrennt neben persönlichem Hab und Gut auch das gesamte, dort gelagerte Besitztum der Düsseldorfer Sängerschaft. Wilbert muss seinen Wohnsitz nach Thüringen verlegen und wird während seiner Abwesenheit auf Geheiß des Sängergauführers Hans Hansen von Hans Weber, dem damaligen Vorsitzenden des Benrather Männerchores, vertreten. Weber, der 1950 zum Sängerkreis-Vorsitzenden gewählt wird und das Amt bis 1965 bekleidet, rekonstruiert für die Chronik zum 40. Sängerkreis-Jubiläum die Verbandsgeschichte von 1919 bis 1943.


In seiner Chronik berichtet der Vorsitzende Hans Weber über eine Begebenheit im Jahr 1936:

Die Düsseldorfer NSDAP-Führung verlangte vom Sängerkreis die Aufstellung eines 500 Sänger starken Chores, der auf einem der Nürnberger Parteitage mitsingen sollte. „Einige Wochen vor der beabsichtigten lustigen Spielmannsfahrt kam ein Befehl von Berlin, daß alle Sänger in Nürnberg ein Braunhemd tragen müßten! Die Parteitage haben dann aber ohne den vorgesehenen Massenchor stattfinden müssen, da die Sänger das unzumutbare Anerbieten mit Entrüstung abgelehnt hatten.“

Im darauf folgenden Jahr veranstaltete der Sängerkreis ein „Rheinisches Sängertreffen“ im Rahmen der Reichsausstellung „Schaffendes Volk“ in Düsseldorf, u.a. mit einem großen Sängerfackelzug.

Bild: Hans Weber (um 1955)

Hans Weber (um 1955)
Foto aus der Festschrift „100 Jahre Benrather Männerchor 1856 e.V.“